Beuys im Doppelpack

Wer sich mit Joseph Beuys beschäftigt, ist vor überraschenden Erkenntnissen nicht gefeit. Das gilt ,sowohl wenn man sein Verhältnis zu Frankreich betrachtet, als auch, wenn man die Philosophie  bewertet ,die seiner Arbeit zugrunde liegt .Beides, das Eine wie das Andere, waren Gegenstand eines Meinungs- und Diskussionsabends, zu dem die „Freunde des Institut Francais Köln e.V.“ am 22.Oktober ds. Js. eingeladen hatten. Unter der Observanz von Gila Abutalebi beleuchtete Franz van der Grinten, Galerist, Publizist und Autor in Köln, die schwierige Akzeptanz, die das Werk von Joseph Beuys in Frankreich findet. Johannes Stüttgen, Düsseldorfer Meisterschüler von Joseph Beuys spürte dem Geist nach, der das Werk des Künstlers beseelt. Mit beiden Genannten hatten die Veranstalter zwei ausgesprochene Kenner der Materie zu Wort gebeten, denen ihre Informationen nach Inhalt und Form wahrhaft aus der Seele sprudelten.

Frankreich war für Beuys und- umgekehrt- Beuys war für Frankreich kein leichtes Pflaster. Zu gross waren die   Unterschiede, die sich aus der geschichtlichen und geistesgeschichtlichen Vergangenheit Frankreichs für die Kunstrezeption in diesem Land ergaben und dem Denken und Wirken des Künstlers Joseph Beuys. Der Referent legte zum einen die geschichtlichen und geistesgeschichtlichen Entwicklung Frankreichs seit der Aufklärung eingehend dar. Zum anderen zeigte er die Lebensstationen und die philosophischen Lebens- und Arbeitsgrundlagen des Künstlers auf. Beuys stellte das Denken, Fühlen und Wollen als die drei wichtigsten Seiten des Menschen in den Mittelpunkt seines Seins. Er wandte sich gegen den Materialismus, das Profitdenken und den Atheismus. Zugegeben: es hat in der Vergangenheit nicht an Versuchen französischer- und deutscherseits gefehlt, die wünschenswerte Brücke zu schlagen, allerdings ohne nennenswerten Erfolg.

Der zweite Teil der Veranstaltung war dem Verständnis der Beuystischen Kunst gewidmet, einem nicht gerade einfachen Sujet. Der Referent Johannes Stüttgen differenzierte zwischen rationalem und emotionalen Erfassen von Kunst und abverlangte von dem Kunstbetrachter eine solche Differenzierung. Dabei müsse der Betrachter geradezu einen Entwicklungsprozess durchmachen. Mit rationalem Denken sei dieser Kunst nicht beizukommen, vielmehr müsse sie emotional betrachtet und gewertet werden .Der Betrachter müsse sich eine emotionale Kunstbewertung aneignen, diese Kunst also nicht mit dem Kopf sondern mit dem Bauchgefühl bewerten. Diese These exemplifizierte  der Referent eindrucksvoll an zahlreichen bildlichen Widergaben Beuystischer Kunstwerke—und erntete das ehrfurchtsvolle Kunstverständnis der Anwesenden. Weitere Ausführungen galten der Interpretation des Begriffs der sozialen Kunst, die sich als Ausprägung der menschlichen Fähigkeit darstellt,  kreativ zu schaffen und damit zu der Aussage führt, dass jeder Mensch ein Künstler sei.

Beuys und Frankreich und Beuys als Künstler waren die Themen eines interlektuellen, anspruchsvollen Abends.

Herwig Nowak

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