Paris zu lieben, dafür gibt es viele gute Gründe. Und einen Neuen noch dazu: die traditionsreiche Bourse de Commerce—immerhin ein imposanter Rundbau aus dem Jahre 1767—hat eine neue Zweckbestimmung erhalten. Sie beherbergt seit wenigen Monaten ein Museum für moderne Kunst, genauer gesagt, die Pinault Collection. Während sich das Äussere des Gebäudes unverändert darbietet, machte die neue Nutzung im Inneren umfangreiche Umbauten erforderlich. Unter der Leitung des japanischen Architekten Tadao Ando wurde der Rundbau im Inneren durch eine zweite Rundung aus Beton ergänzt, die im Abstand weniger Meter parallel zu der runden Aussenmauer verläuft. Auf diese Weise entstehen zwei ineinander verlaufende ,sich nicht berührende Kreise. Zwischen den beiden Mauern entstehen fast dunkele Räume, die in Kauf genommen werden. Die innere Rundungsmauer endet der Höhe nach so, dass dem Besucher der Blick auf das alte Deckengewölbe der Bourse möglich bleibt. Seine künstlerische Ausmalung ist ein Höhepunkt des Besuchs.
Das architektonische Herzstück bleibt indessen der Innenraum, der von der neuen Innenmauer umgeben wird. Er ist das „museale Zentrum“ des Gebäudes, in dem derzeit Installationen des gebürtigen schweizer Künstlers Urs Fischer gezeigt werden. Seine Thematik ist die Vergänglichkeit. Alle seine Figuren, die in den unterschiedlichsten Positionen und Grössen gezeigt werden, bestehen aus Wachs, das an verschiedenen Stellen angezündet wird und langsam niederbrennt. Übrig bleiben skurril anmutende Restfiguren und weite Flächen von verlaufenem getrocknetem Wachs. Die Vergänglichkeit lässt nichts Brauchbares zurück.
Wer glaubt ,mit der Rotonde den künstlerischen Schwerpunkt der Collection gesehen zu haben, verkennt den Inhalt der Bourse und ihrer Collection. Denn die Räume der Gallerieen 2 bis 7 bieten eine ungewöhnliche Fülle an gesammelter Kunst. Dabei mag man zwei Hauptkriterien der Sammlung feststellen können: Zum Einen eine grosse Anzahl junger—und unbekannter(?)—Künstler mit z.T. sehr eigenwilligen bildlichen Wiedergaben ihrer künstlerischen Aussagen. Zum Anderen fällt der hohe Anteil afrikanisch orientierter Darstellungen auf. Beides gibt der Sammlung einen eigenwilligen Charakter und ist Anlass genug für einen Besuch.
Herwig Nowak