Frankreich ist reich an Schlössern und Herrenhäusern. Sie sind das Erbe einer langen dynastisch geprägten Geschichte und obliegen heute intensiver staatlicher und privater Pflege. Während die einen in treuer geschichtlicher Ergebenheit gepflegt und gewartet werden, wird versucht anderen neue Aufgaben und Funktionen zu geben und sie dafür vorzuhalten. Von einem solchen Schloss soll hier die Rede sein. Gemeint ist das“ Chateau d`Oiron“, das der Darbietung moderner Kunst gewidmet ist. „Moderne Kunst im alten Rahmen“, das ist der Spruch, unter dem sich das Schloss heute der Öffentlichkeit darbietet. Beides wird mit Geschmack als Dauerausstellung zum einen und im Rahmen von temporären Darbietungen zu anderen offeriert. Dabei wird der alte Rahmen weitgehend erhalten aber mit neuen Funktionen belegt, d. h. die alten
Räumlichkeiten in ihren Massen und Zuschnitten erhalten ,aber neuen Aufgaben zugeführt.
Das Schloss ist schon immer ein Hort der Kunst gewesen. Seit seiner Gründung im 16.Jahrhundert haben verschiedene Baustile, verursacht durch unterschiedliche Besitzer, ihre Spuren hinterlassen. Aber es sind keineswegs nur bauliche Relikte, sondern sie spiegeln sich auch ihre Philosophien und das Denken der damaligen Zeit wieder, die heute teilweise allerdings nur schwer nachzuvollziehen sind. Es sind zahlreiche Künstler namentlich unserer Zeit nationaler und internationaler Bekanntheit, die hier ihre Spuren hinterlassen haben und ihren Beitrag zur heutigen Ausgestaltung des Schlosses beigetragen
haben.
Schon die Eingangssituation des Schlosses ist eine gelungeneMischung zwischen alt und jung. Denn die traditionellen Schlossmauern des sal d`entree haben durch die Neugestaltung durch den Künstler Christian Boltanski einen neuen Inhalt erfahren. Waren sie bislang nichts anderes als eben Schlossmauern, so hat sie der Künstler mit einer Unzahl von paarweisen Kinderbildern ausgestattet, die kindlich, freundlich lächelnd, dem Entree ein lebensfrohes friedvolles Willkommen verheissen.
Dieser Eindruck setzt sich in den Salen fort,deren alter Bestand durch die teilweise Ausstattung mit moderner gegenstandsloser aber farbenfroher Bildkunst verschiedener Künstler unserer Tage ergänzt wird.
Besondere Erwähnung verdient schliesslich der Glühlampensaal des Künstlers Bill Cullieri, wo das Licht dreier Lampen durch mehrere Glaser mit Wein auf einen Tisch gedämpft wird und Bilder von Glühlampen auf dem Tisch entstehen:eine optisch schöne,ansonsten aber unwirkliche Darstellung. Mag mit diesen Hinweisen der Wandel der Schlosskultur unter Beweis gestellt sein.
Herwig Nowak