Rossmännisches…

-Feststellungen und Bewertungen-

Walther König ist den Kölnern eher als grosser Buchhändler, spezialisiert auf Kunstbücher, besonders  Architekturliteratur, bekannt, denn als Buchverleger. Aber auch das ist er. Und an den “Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln“ ist hier zu erinnern. Denn in ihm ist in diesen Wochen ein Buch erschienen, das Aufmerksamkeit in unserer Stadt verdient. Gemeint ist das Glossar von Andreas Rossmann “Das kann nur Köln sein“. Eben ein Glossar, das die Berichte des Kulturkorrespondenten der „ Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Andreas Rossmann, über eben diese Stadt in den letzten 40 Jahren enthält. Penibel aufgelistet, und einzelnen Themen zugeordnet, Themen, die damals und heute noch in aller Munde sind, wie Dom und Oper, und Themen von nur kurzer Aktualität.

Dabei war Rossmann nie ein liebedienerischer Kommentator. Sein Urteil, wenngleich objektiv, galt als streng und scharf formuliert. Keine zuvorkommenden Wortwendungen ,wenn es galt wahrheitgemäss und unverstellt zu berichten. Kein Kölsches Herz also, wie man es sich erhofft. Wohl klar, dass Mancher vor seiner Beurteilung geradezu Angst hatte.

Es ist schon sehr eigenartig, wie anders eine Beurteilung   der Glossen des Buches heute ausfällt und mit welcher Gefühlsstimmung man sich von dem Buch verabschiedet, wenn man es gelesen hat. Sicher wäre übertrieben, von liebevollen Einzelbeurteilungen zu sprechen. Aber bei allen Kritiken ist  doch bei aller hochdosierten Objektivität und Sachkunde eine gewisse Zuneigung, fast Wärme des Rezensenten zu spüren, die der Stadt-ohne dozierend sein zu wollen- Hilfe auf ihrem Weg in die Zukunft sein will und sein kann. Dabei ist das Panorama der Beurteilungen ungewöhnlich breit. Es bleibt kein Lebensbereich der Stadt ausgespart: dem städtischen Verkehr, dem Städtebau und der Stadtentwicklung und natürlich den Künsten in Gegenwart und Zukunft dienen die Texte, um nur einige Themen herauszugreifen. Die Kritik ist oftmals intelligent verpackt. Umwerfend komisch  Berichte über das Kölner Nachtleben u.a. mit dem Titel “Dschungel alaaf“.Schade eigentlich, dass „Rossmanns Erzählungen“ abbrechen, bliebe doch über die jüngste Neubebauung des Breslauer Platzes in seinem Ostteil manches zu sagen.

Das Glossar ist ein „Muss“ für jeden Kölner und für jeden,der Interesse an dieser Stadt hat.

Herwig Nowak

Carmen in Köln

Köln´s musikbegeistertes Publikum hat erregende und anregende Wochen und Monate hinter sich. Ein Jahr lang, zwölf Monate und noch etwas mehr, feierte man Köln´s eingeborenen Sohn, Jacques Offenbach, zu seinem 200 sten Geburtstag. Alle Fazetten seines überaus reichen musikalischen Schaffens kamen zu Gehör: Operetten wurden aufgeführt, Konzerte veranstaltet, Lesungen durchgeführt, Tänzerisches gezeigt, Spaziergänge mit Offenbach veranstaltet, Reisen sogar und selbst Madame Offenbach kam zu Wort und berichtete szenisch und musikalisch von ihrem Mann. Dabei kam manch` Vielgehörtes zu Gehör, erfreulicherweise aber auch manches Verschollene, geradezu Neue. Der Kölner Offenbach-Gesellschaft sei herzlich gedankt für ihre Initiative und deren Realisierung.

Und alles das ist jetzt vorbei? Halt! Nicht ganz. Wer lebhaftes musikalisches Geschehen liebt, für den hält die Oper Köln eine Fortsetzung bereit. Gemeint ist die sehenswerte und erlebenswerte Aufführung von Georges Bizet Oper „Carmen“. Es ist vielleicht nicht falsch, von einer musikalischen Seelenverwandtschaft zwischen Offenbach und Bizet zu sprechen. Denn beiden Komponisten ist eine gewisse Nähe zu ausdruckstarker, theatralischer, eingängiger Musik zu eigen. Und in der Tat waren beide Zeitgenossen miteinander befreundet und Bizet war einer der Gewinner eines von Offenbach zur Unterstützung junger Komponisten ausgeschriebenen Wettbewerbs. Letztlich waren auch die Librettisten für beide Komponisten, für Bizet und für Offenbach, tätig.

Aber alles das ist nicht der Grund für die hier ausgesprochene Empfehlung. “Carmen“  ist eine hochmoderne Oper. Sie behandelt in ihrer Essenz, abgesehen von allem folkloristischen-auch musikalisch-folkloristischem Beiwerk-die Stärke der Frau gegenüber dem Mann. Es ist die Frau, die sich mit ihren eigenen Moral- und Wertvorstellungen gegen die weitgehend von Männern festgelegten Lebensparameter stemmt und ein selbstbestimmtes, emanzipiertes Leben führten möchte. Ihr steht eine schwache aber einflussreiche Männergesellschaft gegenüber. Freilich, die Frau bezahlt dafür mit ihrem Leben, aber sie hat auch das von ihr gewollte Leben gelebt. Unglaublich stark, geradezu männermordend stark Stephanie D Òustrac als Carmen von ihrem ersten Auftritt auf der noch leeren Bühne bis zu ihrem Tod. Weniger glücklich allerdings die szenische Umsetzung der Libertinität  Carmen´s in religiösen Dingen. Die Religion als blosses Dekorum abzutuen, das man verhöhnt, wird der Sache nicht gerecht.

Wie gesagt, eine hochmoderne Oper.

Herwig Nowak

Bipolare Kunstdarbietung

Eine neue Form künstlerischer Präsentation bricht sich Bahn. Gemeint ist das Sprechkonzert ,in dem sich Sprache und Ton zu einer gemeinsamen Aussage ergänzen. Eine von beiden Künsten -entweder die Musik oder die Sprache- gibt das Thema vor, das dann von der anderen Kunstform auf ihre Art und Weise interpretiert wird. Dem Zuhörer wird also ein und dasselbe Thema in zweifacher Weise dargeboten ,interpretiert :mit den Mitteln der Sprache und denen der Musik.

Der WDR bot mit seinem Sprechkonzert “Safranski und Bruckner“ in diesen Wochen ein besonders gelungenes Beispiel einer solchen bipolaren Beschäftigung mit der Kunst. Die Veranstaltung kreiste um die Werte „Religion“ und „Musik“. Der Schriftsteller und Philosoph  Rüdiger Safranski behandelte in seinem Wortbeitrag das Thema“ Kunst und Religion—Kunstreligion“ und dieses Thema wurde dann musikalisch nachinterpretiert durch zwei Musikstücke: Richard Wagners Vorspiel zum 1. Aufzug aus „Lohengrin“ und der 7. Symphonie E-Dur von Anton Bruckner, beides dargeboten von dem WDR-Symphonieorchester unter der Leitung von Marek Janowski.

Rüdiger Safranski legte in der verbalen Vorgabe für den musikalischen Teil einen hohen Massstab an .Er kritisierte zunächst unser heutiges Religionsverhalten, dem der eine Glaube weitgehend abhanden gekommen sei .Es gebe stattdessen eine Vielzahl von Glauben in allen Lebensbereichen, in denen Wissen objektiv oder subjektiv nicht gegeben sei. Beispielhaft fand hier sogar die Klimasituation Erwähnung. Der Bereich der Kunst sei davon nicht ausgenommen. Die beiden Musikkünstler des Abends ,Richard Wagner, und Anton Bruckner, seien dafür Beispiele .Hier, bei der Erörterung des Gottesbegriffs der beiden Musikkünstler des Abends lag das Schwergewicht der tiefgehenden Expertise des Referenten. Der Eine ,Richard Wagner, als der  Schöpfer einer eigenen ,neuen Religion. Der Andere, Anton Bruckner, als Traditionalist, tief im katholischen Glauben verwurzelt. Aber beide gemeinsam  ist die „Schönheit der Musik „als hohem ästhetischem Massstab zu eigen.

Nun war es aber an den Zuhörern, das Gehörte in der musikalischen Wiedergabe der genannten Werke zu entdecken oder wiederzufinden. Das war für den Einen möglicherweise leichter als für den Anderen. Denn die musikalische Wiedergabe beider Werke war  etwas unterkühlt ,zu wenig emphatisch, und liess die ästhetische Schönheit der Musik etwas zu wenig hervortreten. Alles in allem aber :ein grosser Abend.

Herwig Nowak