In diesen Wochen endet ein “Festjahr“, das seinesgleichen sucht. Gemeint ist das Jubiläumsjahr“1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, dem besondere Bezüge zu unserer Stadt zu eigen sind das damit Anlass zum Gedenken bietet. Im Jahre 321 wandte sich Kaiser Konstantin in einem Dekret an den Rat der Stadt Köln und gestattete den Ratsherren auch Juden in ihr Gremium aufzunehmen. Unabhängig von dem weiteren sachlichen Inhalt des Dekrets war damit klargestellt, dass es in Köln eine massgebliche Zahl von Mitbürgern jüdischen Glaubens gab, die an politischer Betätigung und Verantwortung interessiert waren .
Der hier nur angedeutete Inhalt des Dekrets lässt die Gründe dafür erahnen, dass den jüdischen Mitbürgern und- innen in der Folgezeit wichtige Funktionen zukamen auf politischem ,auf wirtschaftlichem ,ja sogar auf künstlerischem Gebiet. Ihre bürgerschaftliche Bedeutung erfuhr mithin eine Aufwertung.
Das Festjahr macht auf alle diese Verdienste aufmerksam und beleuchtet deren aktuelle Wertigkeit .Dabei sei besonders auf die hohe Aussagekraft der Ausgrabungen hingewiesen, die sich im Kölner Stadtzentrum befinden, ohne deren Ausstattung zu vergessen. Dem Leser der aus Anlass des Festjahres erschienenen Buchausgaben wird die Kölner Synagoge und die jüdische Liturgie und deren liturgischen Aufgaben nahegebracht, indem die liturgischen Geräte in ihrer Funktion aufgezeichnet werden. Damit wird eine wünschenswerte Unterrichtung zur Realisierung des jüdischen Glaubens erreicht .Dennoch haben die Veranstaltungen nicht vermocht ,die allgemeine zeitgeistliche Entwicklung zu korrigieren ,die bedauerlicherweise keine judenfreundliche ist. Vielleicht waren die Veranstaltungen in ihrer Vielzahl etwas zu elitär und erreichten nicht die breite Masse der Andersgläubigen. Aber man würde die Wirkungen einer solchen Gedenkzeit zu hoch ansetzen ,wenn man von ihr eine Korrektur des Zeitgeistes erwartete .Sie hat ihre Aufgabe schon dann erfüllt, wenn sie zum Nachdenken anreizt und eine gedankliche Revision vorbereitet. Hoffen wir auf diese Entwicklung.
Herwig Nowak